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Frühe Kämpfe für mehr Demokratie

Die frühen Kämpfe für mehr Demokratie – zum Gedenken an den 17. März 1793 und an den 18. März 1848 (und an alle anderen Tage, als in der deutschen Geschichte für die Entwicklung hin zur Demokratie gestritten und gekämpft worden ist).

Dass wir in einer Demokratie leben, ist keine Selbstverständlichkeit. Die Entwicklung von der Monarchie zur Demokratie hat einen langen Weg hinter sich. Umso wichtiger ist, daran zu erinnern. Und der 17. März sowie der 18. März eignen sich wunderbar als Gedenktage an die Bestrebungen unserer Vorväter (und sicherlich auch Vormütter) für eine Entwicklung hin zur Demokratie. Aber kurz der Reihe nach …

1793 in Mainz

Am 17. März 1793 trat im Deutschhaus in Mainz der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent zusammen. Die Versammlung hatte das Ziel, unterstützt von der französischen Revolutionsarmee die linksrheinischen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches zu befreien und eine demokratische Republik zu schaffen.

Die Konventmitglieder verabschiedeten eine Verfassung und setzten eine provisorische Regierung ein. Sie erklärten die Region südlich von Mainz (also das heutige Rheinhessen und Pfalz) zu einem unabhängigen Staat, der nach „auf Freiheit und Gleichheit gegründeten Gesetzen“ regiert werden sollte. Heute gilt das Dekret mit fünf Artikeln als die Geburtsurkunde der bürgerlichen Demokratie in Deutschland.

Die Mitglieder des Konvents wurden damals schon demokratisch gewählt (allerdings war die Wahlbeteiligung in einigen Gemeinden nicht sonderlich hoch, weite Teile der Bevölkerung konnten mit den Ideen nicht viel anfangen) und setzten sich aus Vertretern der verschiedenen Gebiete und Stände zusammen, darunter Bauern, Handwerker, Kaufleute und Adlige.

Leider konnte sich diese demokratische Keimzelle nicht lange halten. Bereits Ende März fingen die Koalitionstruppen mit einer Belagerung an, am 23. Juli 1793 wurde die Stadt eingenommen und die französischen Truppen zogen sich zurück. Die provisorische Regierung wurde aufgelöst und die Mitglieder des Konvents wurden verfolgt, viele wurden verhaftet oder sie schafften es ins Exil.

Das Dekret des Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents …

Auch wenn der erste Versuch einer demokratischen Regierung nur knapp ein Vierteljahr hielt, so hatten seine Ideen und Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit einen starken Einfluss auf spätere Entwicklungen in Deutschland. Der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent gilt daher heute als ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratie und nationale Einheit in Deutschland.

Der Wunsch nach demokratischer Mitbestimmung und Freiheit wächst

Die Ideen eines geeinten deutschen Nationalstaats mit Freiheitsrechten und einer demokratischen Verfassung blieb auch weiterhin lebendig. Am 18. Oktober versammelten sich mehr als 500 Studenten aus allen Teilen Deutschlands in der Nähe von Eisenach beim „Wartburgfest“. Auch sie forderten eine Verfassung, eine nationale Einheit und Freiheit für alle Bürger – die Obrigkeit griff jedoch rasch ein, zahlreiche Teilnehmer wurden verhaftet.

Nur wenige Jahre später organisierten verschiedene Gruppierungen aus liberalen und demokratischen Kräften sowie Vertretern der Arbeiter das „Hambacher Fest“. Rund 30.000 Menschen versammelten sich ab dem 27. Mai 1832 auf dem Hambacher Schloss in der Pfalz, um sich für politische Freiheit, Gleichheit und nationale Einheit einzusetzen. Die Teilnehmer des Festes forderten die Abschaffung der Zensur, die Einführung von Volksvertretungen und die Schaffung eines geeinten Deutschlands. Wie beim Wartburgfest wurde auch beim Hambacher Fest ein massives Polizeiaufgebot losgeschickt und es gab zahlreiche Verhaftungen.

1848 in Berlin und anderswo

Mitte des 19. Jahrhunderts stand die autoritäre Monarchie auf festen Füßen, dennoch rumorte es im Untergrund – teilweise aus politischen Gründen, aber neben den freiheitlichen Bürgerrechten spielten auch soziale Faktoren und wirtschaftliche Nöte eine große Rolle.

Im Jahr 1848 wurde das Rumoren immer lauter. Als im Februar 1848 die Nachricht von der Februarrevolution in Paris eintraf und als sich die revolutionären Aufstände Richtung Deutschland und Oberitalien ausbreiteten, kam in Berlin die Initiative, dort am 6. März eine Volksversammlung in der Nähe des Brandenburger Tors einzuberufen. Die versammelten Bürger erstellten einen Katalog mit Forderungen an den preußischen König. Darin verlangten die Bürger

  • Pressefreiheit,
  • Redefreiheit,
  • Amnestie für alle politischen Gefangenen,
  • freies Versammlungs- und Vereinigungsrecht
  • und zudem politische Gleichberechtigung für alle Konfessionen und Besitzklassen, eine Reform der Gerichtsbarkeit und des Heeres sowie die Einberufung des Landtags

Diese Forderungen machten in Berlin die Runde, viele weitere Bürger unterschrieben. Am 13. März sind erste Zusammenstöße mit dem Militär zu verzeichnen, am 15. März kam es durch Schüsse auf dem Opernplatz Unter den Linden zu einigen Todesopfern.

In diese angespannte Atmosphäre platzte die Nachricht rein, in Wien sei Staatkanzler Metternich gestürzt worden. In einer Massenkundgebung fanden sich 10.000 Bürger auf dem Schlossplatz ein und verlangten eine Bürgerabordnung. Es ging drunter und drüber, plötzlich fielen Schüsse, empört eilten die Versammlungsteilnehmer durch die Straßen und riefen die Einwohner zur Revolution auf.

In kurzer Zeit errichteten die Berliner in der Innenstadt etliche Barrikaden aus Brettern, Fässern, Karren etc. Allerdings verfügten die Berliner über keine passende Bewaffnung, so wurden dann Dachziegel und Pflastersteine gegen die anrückenden Soldaten geworfen. Der König befahl am 19. März die Einstellung der Kämpfe – obwohl sie schlecht ausgerüstet und kaum organisiert waren, hatten die Bürger von Berlin (zunächst) gewonnen.

Die Bewegung breitete sich schnell auf andere Städte in Deutschland aus und führte zur Bildung von provisorischen Regierungen in vielen Regionen. Der Revolution wurde jedoch fast überall wieder bald beendet. Die einzelnen Monarchen (Deutschland war damals noch dieser Flickenteppich aus einzelnen Königreichen, Fürstentümern etc.) setzten ihre Truppen ein, um die Aufstände niederzuschlagen. Aber auch innerhalb der revolutionären Bewegung selbst gab es Meinungsverschiedenheiten über die Ziele und Methoden des Aufstands.

In dieser Zeit bildete sich die Frankfurter Nationalversammlung mit Vertretern aus verschiedenen Einzelstaaten. Die Nationalversammlung tagte ab Mai 1848 und sollte als vorläufiges Parlament für Deutschland eine Verfassung entwerfen, die zu den verschiedenen Einzelstaaten in Vereinbarkeit stehen sollte.

Diese Verfassung wurde am 28. März 1849 verabschiedet und von den meisten Einzelstaaten angenommen, allerdings nicht vom preußischen König und wichtigen anderen Einzelstaaten. Stattdessen wurde den jeweiligen Abgeordneten im Mai 1849 befohlen, ihr Mandat abzugeben und zurückzukehren. Die verbliebenen Abgeordneten bildeten ein Stuttgart ein neues Parlament, aber dieses wurde im Juni durch württembergische Militärkräfte aufgelöst.

Nicht nur hier, auch in allen anderen Teilen Deutschlands endete die Revolution im Spätsommer 1849 mit der Niederschlagung der letzten Aufstände und der Rückkehr zur alten absolutistischen Ordnung. Viele Revolutionäre wurden verhaftet oder mussten ins Exil gehen.

Obwohl die Aufstände beendet waren, blieb im Bürgertum und auch in der Arbeiterschaft der Traum von einer Demokratie mit Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit erhalten. Die heute fast selbstverständlichen, aber damals höchst revolutionären Ideen prägten auch weiterhin die politischen Debatten und legten so den Grundstein für die weitere Entwicklung der Demokratie.

Unser Fazit

Sich für die Demokratie einsetzen, war in früheren Zeiten ein durchaus schwieriges Unterfangen. Viele Kämpfer für die Demokratie wurden verfolgt, verhaftet und teilweise sogar hingerichtet, viele mussten fliehen.

230 Jahre nach dem Rheinisch-Deutschen Nationalkonvent und 175 Jahre nach der 1848-Revolution wollen wir mit diesem Ausflug in unsere Geschichte darauf aufmerksam machen, dass ein demokratisches Staatswesen nicht immer und überall eine Selbstverständlichkeit ist und dass die Demokratie in Deutschland über einen langen Zeitraum buchstäblich erkämpft worden ist.

Wir finden, die Demokratie muss viel stärker gelebt und geschützt werden. Wir hoffen, viel mehr Bürger könnten sich aktiv einbringen. Und: wir wollen das reformieren, was in unserer Demokratie (noch) nicht gut ist.

Demokratie muss gelebt werden durch freie und faire Wahlen (nein, wir wollen Berlin jetzt nicht als Negativbeispiel anführen), Rechtsstaatlichkeit und eine saubere Gewaltenteilung (was bedeutet, dass das Parlament die Regierung stärker kontrollieren müsste oder dass die Ernennung von Richtern unabhängiger von der Politik erfolgen müsste), die klassischen Bürgerrechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit (nein, wir wollen nicht an die Corona-Zeit erinnern) und weitere Prinzipien wie Gleichberechtigung, Chancengleichheit und vor allem auch die Transparenz über politische Prozesse und Entscheidungen.

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